Es war einmal… ein See.
Seine Wasseroberfläche war glatt wie ein Spiegel. Doch der See zeigte nicht, was ist, sondern was einst war oder sein könnte. Er lag inmitten einer schönen Landschaft und viele Menschen kamen vorbei, denn ein Weg führte direkt an seinem Ufer entlang.
Ein junger Mann kam des Weges und im Gewässer erschien das Spiegelbild einer wunderschönen Frau, in die er sich sogleich verliebte. Eine so vollkommene Schönheit hatte er noch nie gesehen und so erkannte er das verheißungsvolle Bild als einen Teil seiner Zukunft. Er eilte davon, um seine Angebetete zu suchen.
Danach kam eine Frau daher und blickte zum dunklen Grund. Vor ihr tauchte ihr tobender Vater auf, die Hand gegen die Mutter erhoben. Sie wich ängstlich zurück und floh in die Richtung, aus der sie gekommen war.
So kamen tagein, tagaus Menschen an dem See vorbei und sahen im Spiegel ihr Schicksal, dem sie entgegeneilten oder ihm zu entkommen suchten. Keiner von ihnen fand die Erfüllung der Versprechen, die an der Oberfläche aufgetaucht waren, oder Erlösung von vergangenem Übel.
Eines Tages erschien ein Kind an dem See. Spielerisch warf es einen Stein ins Wasser und es war, als täte der See einen Seufzer. Das Kind beugte sich neugierig vor, streifte Schuh und Strümpfe ab und ließ seine Füße ins kühle Wasser gleiten.
Da kräuselte sich die Wasseroberfläche, als wäre ein Wind hinübergefahren und brachte sie in Schwingung, so dass leichte Wellen von einem zum anderen Ufer glitten. Für einen Moment war alles in Bewegung, dann beruhigte sich das Wasser wieder und nun spiegelte sich der blaue Himmel mit den Wolken, die dahin zogen, und Vögeln, die vorüberflogen.
Das Kind aber lächelte und freute sich: was für ein wunderschöner, klarer See das war.