verkohlt
Der tägliche Nahverkehr konfrontiert einen mit allerlei Personen. Man kann sie sich leider nicht aussuchen. Wäre das möglich, würde man vermutlich viel Kurioses verpassen. Wieder ein Beispiel:
Die S-Bahn, mit der ich – und viele andere – fahren wollten, fuhr nicht. Über Lautsprecher wurde durchgesagt, dass der Bahnverkehr wegen Löscharbeiten unterbrochen wurde.
Manche Fahrgäste entschieden sich kurzfristig, auf anderem Wege zur Arbeit zu kommen, andere harrten aus. Dann kam die Nachricht, es wäre ein Busnotverkehr eingerichtet.
Das war wie ein Aufruf, nicht länger darauf zu hoffen, dass der Betrieb in den nächsten Minuten wieder aufgenommen würde. An der nächsten Bushaltestelle sammelte sich eine Menschenmenge an.
Weil ich nicht sicher war, auf der richtigen Seite zu stehen, fragte ich den Erstbesten, ob er auch den Busnotverkehr nehmen wolle. Er erwiderte barsch: „Das weiß ich nicht!“
Ich war irritiert und fragte ungläubig: „Sie wissen nicht, was Sie wollen?“ „NEIN, ich lasse mich nicht verarschen!“, ereiferte sich mein Gegenüber. Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
Ich entschied mich, jemand anderen anzusprechen, um in Erfahrung zu bringen, ob ich an der richtigen Haltestelle stand. Daraufhin hatte ich eine nette Unterhaltung mit einer Frau, die zwar auch nicht wusste, ob dies die Notlinienhaltestelle war, aber gedachte, mit jedem x-beliebigen Bus bis zum Bahnhof weiterzufahren und dort in die Regionalbahn umzusteigen. Ich schloss mich dieser Idee an.
Derweil telefonierte der genervte Mann lautstark, vermutlich mit jemandem vom Verkehrsverbund. Er schrie Zeter und Mordio in sein Handy und es klang in meinen Ohren immer absurder.
„Das lasse ich mir nicht länger bieten!“… „Das muss ja ein Riesenfeuer sein, dass deswegen eine ganze Strecke gesperrt wird!!“ – ???
Ich fragte mich, ob es kleine Feuer gibt, wo der Zug durch die Flammen fahren darf; vielleicht sogar, um mit der Zugluft das Feuer auszupusten…
„Das reicht mir nicht!… Was sind die Ursachen? Ich will genau wissen, wer da löscht!“, forderte der aufgebrachte Mann.
Ich stellte mir vor, wie sein Gesprächspartner und den Unterlagen blättert und sagt: „Einen Moment bitte, haben Sie etwas zu schreiben? ich gebe Ihnen jetzt die Namen der Feuerwehrleute. Möchten Sie auch die Privatanschrift?“
Ich weiß nicht, was in diesen Mann gefahren war, vielleicht der Choleriker. Auch als wir schon in denselben Bus eingestiegen waren, hörte ich ihn weiter wettern. Inzwischen ging es um Graffiti und was er sich jeden Morgen ansehen müsste…
So langsam dämmerte mir der Zusammenhang: Es war die Schuld von wem auch immer, dass man nicht vor solchen Katastrophen geschützt wird! Es werden Wände beschmiert und Feuer gelöscht – und das alles wird ZUGELASSEN! Grob fahrlässig!!!
Als während der Busfahrt die Durchsage kam, dass der S-Bahnbetrieb wieder aufgenommen wurde, bot das Anlass zu weiterer Empörung, das ist ja wohl einleuchtend, oder?