Gipfeltreffen

alle an einem Tisch

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Ich verfolge private, gesellschaftliche und wirtschaftliche Interessen. Wer, wenn nicht wir alle, können uns konsequent dafür einsetzen, dass wir unsere Werte leben, statt sie zu verraten oder gar zu verkaufen?

Daher lud ich die Interessenvertreter zu einem informellen Treffen ein. Zunächst ging es darum, sich auf eine gemeinsame Linie und realistische Ziele für das kommende Jahr zu verständigen. Die Details sollten später in kleinen Arbeitsgruppen ausgehandelt werden.

Mein Gesundheitsminister forderte erst einmal wieder, ganz die alte Spaßbremse: mehr Sport oder wenigstens Bewegung, gesündere Ernährung, regelmäßige und frische Mahlzeiten, weniger Genussmittel – die alte Leier. Doch zu fortgeschrittener Stunde, nach langem Herumsitzen und etlichen Gläsern klaren Wassers, kamen doch noch brauchbare Vorschläge: Wohlgefühl für Körper, Geist und Seele, ein ganzheitlicher Ansatz. Hört, hört!

Und dann kam ein echter Knaller: Ich soll morgens in den Spiegel sehen und mir ein Lächeln schenken! Das gefiel mir. Richtig innovativ! Und so motivierend. Viel Beifall von allen Seiten. Ein gelungener Auftakt!

Mein Minister für Arbeit und Soziales traf mit seinen Vorschlägen auf geteilte Meinungen.  Einerseits plädierte er für ein Programm zur Existenzsicherung, sprich: Arbeitssuche. Andererseits räumte er ein, dass es wichtig wäre, die Berufung nicht zu sehr außer Acht zu lassen. Allgemeines Nicken und Kopfschütteln in der Runde. Ja, Geld verdienen ist schon recht – dies vor allen Dingen die Position des Finanzministers. Aber zufrieden und erfüllt soll ich auch leben.

Das war das Stichwort für meinen Glücksminister. Er hat manchmal die Angewohnheit, sehr weit auszuholen. Er ist ein großer Philosoph. Also sprach er: „Die Vergangenheit akzeptieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft begrüßen.“

Er ließ seine Worte wirken. Wir warteten alle gespannt ab, doch da kam nichts mehr.

„War das schon alles? Ist das dein ganzes Programm?“

„Im Prinzip ja.“ Mit bedeutungsschwangerer Stimme erklärt er: „Die Gegenwart ist von zentraler Bedeutung. Da steckt das größte Potential drin. Man muss nur den Augenblick sehr bewusst erleben und verantwortungsvolle Entscheidungen treffen.“

Am Fenster leises Klopfen. Ich öffnete die Augen und ließ die Seele rein bzw. raus. Beflügelt schwebte sie in die gesellige Runde und sprach mit sanfter Stimme:

„Ich möchte mich gerne verbinden. Ich möchte jede Gelegenheit wahrnehmen, das Leben zu genießen, teil zu haben – das dürfte auch im allgemeinen Interesse des Mitteilungsbedürfnisses liegen.“

Zustimmendes Gemurmel.

Die Familienministerin richtete sich an Teilnahme: „Ich sehe das genauso und spreche auch für Freunde und Bekannte. Wir haben einen großen Überschuss an Empathie. Die könnten wir in gemeinnützige Projekte stecken. Wer ist dafür?“

Alle Finger fuhren in die Höh´, Vorschlag einstimmig angenommen.

Ich fasste die Beschlüsse zusammen: „Ich stimme mich morgens mit einem Lächeln ein, vergesse das Essen nicht, gehe ab und zu an die frische Luft, schreibe und amüsiere mich anderweitig nach Lust und Laune, verdiene nebenbei Geld, unterhalte und vernetze mich, bin zuversichtlich, hilfsbereit und bereichere das Leben von anderen. Habe ich etwas vergessen?“

„Spontanität!“, entfährt es dem ersten Impuls, der seinen Einsatz am Anfang der Sitzung wohl verschlafen hatte, weil er sich bei Programmen schrecklich langweilt.

Der Verteidigungsminister nickt und nimmt damit die späte Wortmeldung in Schutz.

Nächstes Jahr wollen wir uns wieder zusammensetzen, denn gemeinsam sind wir stärker, als wenn jeder für sich allein steht.

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