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Redewendungen

klar zur Wende

Sprache ist wie Segeln, wohin weiß ich nicht im Voraus. Ich habe kein Ziel, vielleicht will ich gar nirgendwo ankommen.

Dafür genieße ich zu sehr das Spiel mit den Worten. Rings um mich her ein unerschöpfliches Reich an Begriffen und Bedeutungen. Ich lasse mich treiben, vertraue auf die Tiefe und Weite und Höhe.

Ich bin die geborene Sammlerin, die Treibgut aus dem Meer der Möglichkeiten aufhebt. Mit dem Verknüpfen der Fundstücke hapert es dagegen. Außerdem bin ich wohl zu ungeduldig und vielleicht auch zu faul, um mir für jeden Geistesblitz einen geeigneten Himmel auszudenken, nur um die Idee einbetten zu können.

Stattdessen brainstorme ich munter vor mich hin. Nicht nichtssagend, aber auch nicht gut durchdacht. Mich würde ernsthaft interessieren, ob sich damit trotzdem ein Blumentopf gewinnen ließe.

Neuland

südlich des Salzstreuers

Trotz aller Trockenheit wissenschaftlicher Untersuchungen und deren Ergebnisse, bieten diese für mich eine Fülle neuer Aspekte, die ich hochspannend finde.

Gestern erfuhr ich im zweiten Teil des Buches „Das Alphabet des Denkens“, dass es Naturvölker gibt, die keine relativen räumlichen Beschreibungen oder egozentrischen Bezüge kennen wie links, rechts, vor, über, neben etc.

Stattdessen nutzen sie absolute Bezüge wie Himmelsrichtungen, d. h. wenn sie auf der anderen Seite stehen, ändert sich ihre eigene Perspektive und der Salzstreuer befindet sich nördlich.

In der Nacht träumte oder erdachte ich etwas, bei dem diese neue Sicht offenbar ein Wörtchen mitgeredet hatte, um mir aus der Seele zu sprechen.

„Als der Groschen fiel,

taumelte er lange durch die Luft,

ich sehe ihn in Zeitlupe.

Er schwankte hin und her,

aber nicht orientierungslos,

sondern dem Grund entgegen,

der einzig möglichen Richtung.

Als er auf die feine Trennlinie traf,

durchbrach er den Widerstand,

tauchte unter die Oberfläche

und wurde sanft aufgefangen.

Er verlangsamte nochmals das Tempo,

jetzt ruhig und gefasst.

Dann lag er geborgen

in der Tiefe meiner Seele,

weich wie Wasser,

einzig bewegt

von Zeit zu Zeit

von meinen Wünschen.“

 

Lebenslauf

eigenes Bewegungsprofil

Jüngst kam mir die Idee, einmal meinen künstlerischen Werdegang nachzuzeichnen.

Meine Interessen und Neigungen verliefen oft in Zyklen.

Als Kind zeichnete ich gerne möglichst genau ab oder malte abstrakte Muster mit Filzstiften. Als Schülerin im Kunstunterricht griff ich natürlich auch zu anderen Mitteln wie Kreide oder Tusche und malte, was vorgegeben wurde.

Persönliche Themen führten zu eigenen Motiven. Der Liebe zum Detail blieb ich allerdings stets treu. Als Jugendliche vertiefte ich mich in Bleistiftzeichnungen und folgte dem Pfad der Intuition, bis das Blatt voll war.

Eine erste zarte Annäherung an Farbe fand erst später statt, aber ich blieb weiter beim Feinzeichnen.

Dann versuchte ich mich an Aquarellen und Acryl. Es fiel mir vergleichsweise schwer, den Pinsel zu schwingen und den Farben und Formen ihren Lauf zu lassen.

Ehrlich gesagt lotete ich lange Zeit lieber die Tiefe aus, als mich in die Fläche auszubreiten.

Dann hatte ich eine Phase mit Brandmalerei. Mit Malen hat das allerdings weniger zu tun, sondern vielmehr und wieder einmal mit Zeichnen. Ich hinterließ meine Spuren nur auf Holz statt Papier.

Ich habe wohl eine Vorliebe für Oberflächen, Linien und Strukturen, mag Schattierungen und eine räumliche Wirkung.

Es folgte eine intensive Phase mit viel Feinstaub, in der ich Specksteine zu Skulpturen formte.

Lebensabschnittsgefährten waren verschiedene Kameras. Über Jahrzehnte hinweg war auf die Fotografie als treuer Begleiter stets Verlass. Manchmal lagen längere Zeiträume zwischen den Phasen, doch immer wieder packte mich die Leidenschaft. Ein Leben zwischen Ebbe und Bilderflut.

Seit Anfang des Jahres kann ich Momentaufnahmen mit einem Smartphone machen. Einen Anspruch an professionelle Qualität habe ich nicht. Wichtig ist mir nur der Augenblick.

In den Wechseljahren entdeckte ich das Potential der Sprache. Es entstand eine kreative Parallelwelt aus dem Zusammenspiel von Wort und Bild. So entstand auch der Blog.

Inspiririert von einer Ausstellung führte ich online mehrere anregende, künstlerische Dialoge, bei der abwechselnd an einem Bild gearbeitet wurde. Das machte eine digitale Nachbearbeitung von Bildern für mich interessant.

Meine aktuelle Einstellung: Ich habe eine künstlerische Identität, wechsele jedoch gerne die Perspektive und wende mich neuen Ausdrucksmöglichkeiten zu.

 

Ursprung

Sprache und Herkunft

Diether Siegel vollbrachte das Kunststück, eine sprachliche Brücke zu bauen. Ich konnte und mochte seinen Überlegungen folgen und sah den Sinn in seinen Worten.

Für mich war es mehr als nur ein kurzer Ausflug in die Gedankenwelt eines Mitmenschen, sondern eher wie ein Heimkommen.

Ein-Fluss vom Feinsten.

 

 

fremdländisch

offene oder geschlossene Gesellschaft?

Wenn in unserem Gehirn Sprache ankommt, wir aber kein Wort verstehen, befremdet uns das und es stellt sich ein Gefühl von Ausgeschlossenheit ein.

Wir neigen dazu, abzulehnen, was uns nicht vertraut ist, werten es womöglich ab. Dabei handelt es sich bei der Muttersprache um  zwei Seiten derselben Ausdrucksfähigkeit, die viel mit der eigenen Identität zu tun hat.

Wir erheben den Anspruch, Ausländer sollen Deutsch sprechen können ( das übrigens möglichst auch im Ausland). Doch wenn ich Fremdländisch höre, heißt das noch lange nicht, dass die Person unsere Sprache weder versteht noch spricht. Diesbezüglich erlebte ich schon häufiger manch blaues Wunder, wenn eine Person plötzlich mühelos ins Hochdeutsche wechselte.

Doch die Irritation im öffentlichen Raum bleibt, und es stellt sich die Frage, ob sich unsere Akzeptanz erschöpft oder doch noch Luft nach oben ist.

Auch für mich ist es eine Herausforderung, vieles nicht verstehen zu können, was um mich herum gesprochen oder getan wird. Doch erst dort, wo anderen Schaden zugefügt wird, sollte die Toleranzgrenze verlaufen. Bis dorthin sollte jeder Mensch tun und lassen und glauben können, was er will.

 

dies & das

Ansammlung

Ich liebe Sprache und Wortspiele und knipse gern. Dabei kommen auch Belanglosigkeiten wider den tierischen Ernst heraus oder auch mal schlanke Einzeiler.

Natürlich frage ich mich, ob das alltägliche Einerlei den Ansprüchen genügt. Welchen? Meinen eigenen. Manchmal bekomme ich ein schlechtes Gewissen, wenn der Witz flach wird oder ich etwas verarbeite und die einzige mit einem Bezug dazu bin.

Dann erinnere ich mich daran, dass ich machen kann, was ich will und niemandem Rechenschaft für meinen Blog schuldig bin.

Abgesehen davon, verirrt sich sowieso kaum jemand auf meine Seite. Einerseits ist das in Ordnung, weil ich dann ungestört und nach eigenem Gutdünken meinen Eingebungen nachgehen kann, andererseits ist es auch ein bisschen traurig so ohne Resonanz.

Aber besser, ich mache es für mich selbst als überhaupt nicht. Und mir gefällt die Vorstellung, dass es immerhin die Option gibt, dass ich von Zeit zu Zeit jemanden anspreche mit diesem oder jenem Ausschnitt aus meiner persönlichen Erlebniswelt.

Literatur

eine Frage der Definition

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Wenn ich den Begriff Literatur höre, denke ich an Anspruchsvolles. Doch worin der Anspruch eines jeden einzelnen oder einer ganzen Gesellschaft bestehen mag, bleibt unklar.

Wen oder was soll Literatur ansprechen? Eine Bildungselite, die sich gerne hochgestochen ausdrückt, um intellektuelle Überlegenheit mit Schlaumeierei zum Ausdruck zu bringen?

Oder möchte sich Literatur nur abgrenzen von kommerziellen Schinken und Arztromanen, die vor allem Unterhaltungswert haben, weil sie gefällig geschrieben sind?

In einer von vielen Definitionen heißt es, es handele sich um schriftlich fixierte sprachliche Zeugnisse. Das gefällt mir.

Authentische Sprache kann mir manchmal mehr sagen und als 1000 Tonnen Hoch- oder Massenliteratur. Ich sage das auch im Sinne von Götz von Berlingen.

Vermutlich verhält es sich wie mit der Kunst. Auch dort gehen Geschmäcker und Verstand getrennte Wege. Die einen handeln damit, die anderen lassen sich von etwas ansprechen.

Gutes muss nicht teuer sein, aber am besten mit Herzblut gemalt oder geschrieben. Punkt.

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lohnenswert

SuedLese letzen Sonntag in Wilhelmsburg

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Ich fuhr zur Deichdiele, um Susanne Bienwald zuzuhören. Es wurde eher ein Lauschen, weil sie mich von Anfang an mitnahm auf die Reise von Friedrich Hebbel.

„Da geht einer“ beschreibt seinen beschwerlichen Weg von München nach Hamburg, von Armut zu angestrebtem Ruhm. Er hält sich für einen bedeutenden Dichter.  Mit dem Damoklesschwert des Scheitern über seinem Kopf, geht er hocherhobenen Hauptes in der festen Überzeugung von seiner eigenen Herrlichkeit .

Susanne Bienwald gelang nicht nur das Kunststück, die inneren Dialoge dieses damals noch unbekannten und gleichwohl eingebildeten Autors zu beschreiben, sondern weckt mit ihrer eigenen Sprache gleichfalls die Liebe zur Literatur zum Leben.

Mir hat die Lesung ausgesprochen gut gefallen, zumal die Autorin sehr gut vortragen kann. Ich freue mich schon auf den Herbst, wenn sie im Komm du aus einem anderen Buch lesen wird: Wittensee.

Auf dem Klappentext sagt die Protagonistin: „Es war anstrengend, so zu sein, wie die anderen mich haben wollten“