Shutdown

Husten, wir haben ein Problem

Ich fühle mich schachmatt gesetzt. Mein innerer Widerstand gegen die Maßnahmen ist ungebrochen, trotzdem halte ich mich vorsichtshalber brav an alle Ge- und Verbote der Stunde, die täglich verschärft werden.

Meine Wahrnehmung liegt zwischen Zwiespalt und Zusammenhalt. Ich bin häufiger online, als mir lieb ist. Aus dem einfachen Grund, weil ich die Verbundenheit zu anderen Menschen aufrecht erhalten will.

Ich sitze abends vor dem Fernseher wie das Kanninchen vor der Schlange und warte mit bangem Herzen auf die nächsten harten Einschnitte, die mich meiner Freiheit berauben.

Während ich noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine nicht unerhebliche Strecke zur Arbeit zurücklegen muss, obwohl ich zur Risikogruppe gehöre und es dort nichts zu tun gibt, worauf es im Moment ankäme, dürfen sich nicht mehr als drei Leute versammeln.

Dagegen steht noch nicht fest, ob die Olympischen Spiele abgesagt werden. Ich sehe eine Menge deutscher Touristen, die dicht an dicht gedrängt darauf warten, nach Hause geholt zu werden und geschlossene Grenzen. Als würde es Viren interessieren, wo sie ihren Wirt finden.

Auf allen Kanälen wird gesendet, was an Prognosen und Statistiken  mit wissenschaftlicher Expertise zu Rate gezogen wird. Jede Person, die sich nicht konform zum aktuellen Stand verhält, wird als rücksichtslos und egoistisch angeprangert.

Ich höre die kämpferischen Parolen der Regierungsoberhäupter und ihre Beschwörungen, gemeinsam der Lage Herr zu werden. Das Gemeinsame wird auf das Notwendigste beschränkt, und was notwendig ist, wird entschieden.

Wir haben da kein Wörtchen mitzureden, denn wir sind ja keine Experten, sondern sollen uns vertrauensvoll auf deren Urteil verlassen. Zweifel an den eingeleiteten und noch zu erwartenden Maßnahmen kann sich kaum jemand leisten. Es ist ein Totschlagargument.

Mich irritiert die Entschlossenheit, mit der vorgegangen wird – sowas hat die Welt noch nicht gesehen! Ab nach Hause, bis der Spuk vorüber ist. Wann das sein wird, kann heute noch kein Experte sagen, aber wir werden mit Sicherheit auf dem Laufenden gehalten. Bis dahin heißt es: Folge leisten. Keine Widerrede!

Trauer

Stillstand

Wenn ein Herz aufhört zu schlagen, kommt etwas in uns zum Stillstand. Wir erstarren und staunen und versuchen, das Unfassbare zu begreifen.

Die Welt dreht sich weiter, aber sie gerät für uns aus dem Takt, weil sich Augen nicht mehr öffnen und ein Odem sich verflüchtigt.

Man wartet insgeheim darauf, dass sich der Brustkorb nochmals hebt und senkt, mit dieser Selbstverständlichkeit, mit der er es ein Leben lang getan hat.

Doch das tut er nicht. Während unaufhaltsam die Körperwärme entweicht, bietet nur der friedliche Anblick Trost, weil Schlafes Bruder das Antlitz glättet.

Und während ich noch dabei bin, den Verlust zu betrauern, fährt jener Geist in mich, der mich wissen lässt, dass die Seele des Verstorbenen unsterblich ist.

 

 

Wünsche

wenn ich eine Fee sehe

… werde ich mir wünschen, dass alle diese schwierige Zeit gut überstehen. Das Virus zieht das ganze soziale und kulturelle Gefüge in Mitleidenschaft.

Aber es gibt auch Hoffnungsschimmer. Beispielsweise fiel er heute früh durch den Schlafzimmervorhang. Und wie man sieht, war er nicht alleine, sondern erschien als schönes Vorbild in Sachen Solidarität.

SuedLese

Glück gehabt

In Anbetracht der Umstände kann ich mich glücklich schätzen, dass meine Lesung so gut besucht war.

Auf den Literaturtagen im Harburg liegt nun ein schwerer Schatten. Veranstaltungen werden reihenweise abgesagt und ich bange mit den Orten der Worte, dass sie diese schwierige Zeit überstehen mögen.

 

Bühnenbild

Bilder und Sessel im Dialog

Es wurde eine stimmige Tandem-Lesung. Ursprünglich wollte ich den Bildern die Bühne überlassen und mich davor setzen. Aber es kam anders.

Damit man mich sehen und auch besser verstehen kann, sollte ich dann doch dort oben Platz nehmen. Mit schön sonorer Stimme wurde ich tatkräftig von Wolf Puschmann unterstützt, der sich darauf vorbereitet hatte, mich im Fall der Fälle zu vertreten.

Ich dachte mir, es wäre ja mal interessant, meinen eigenen Gedanken zu lauschen. Er verlieh den Texten einen anderen Klang, der in seiner Tiefe beim Publikum sehr gut ankam.

So stellten wir nach der Pause einen zweiten Sessel auf die Bühne, um die restliche Lesung Seite an Seite zu bestreiten und uns abzuwechseln. Mir hat das ausgesprochen gut gefallen, eine vielversprechende, neue Erfahrung.

Sogar die Sessel harmonieren mit den Bildern, als hätten es bis ins Detail geplant…, dabei entstand der Umbau spontan und natürlich.

 

Aktuelles

 kann meine eigenen Gedanken lesen

Selbstverständlich ist das nicht. Bis vor kurzem war ich krank und mir nicht sicher, ob ich rechtzeitig für meine eigene Lesung bei der diesjährigen SuedLese auf der Matte stünde.

Der Genesungsweg war lang, und es gab leider keine Abkürzung. Ich hoffte inständig, dass ich fünf vor drei doch noch so weit zu Kräften käme, dass ich wenigstens im Sitzen zu meinen Schwächen stehen kann: Denken und Schreiben, vereint zu Kolumnen mit Tiefgang, nachher vorgetragen im Komm du, 15 Uhr, gegen Spenden in die Hutkasse, damit ich mir Nudeln und Klopapier kaufen kann.

Venus

AD

Gestern startete die SuedLese mit Gabriele Borgmann im Komm du. Sie las und erzählte die Geschichte ihres Debüt Romans “Venus AD”. Ihre Protagonisten  sind der berühmte Künstler Albrecht Dürer und die Doktorandin Nele Rosenbach.

Die Einblicke, die die Autorin den Gästen ihrer Lesung in kunsthistorische Zusammenhänge gewährte, und die Spannung rund um den Raub eines Originals, das Geschichte schrieb, nahm uns mit auf eine abenteuerliche Zeitreise.

Vielen Dank für diesen kurzweiligen und hochinteressanten Abend! Und nun werde ich lesen… Zum Glück ergatterte ich das einzig verfügbare Exemplar von “Venus AD”.

Schade

schade, schade

Nun habe ich erfahren, dass eine Lesung nicht stattfinden wird, auf die ich mich vorfreute, nämlich die von Ina Bruchlos. Die HASPA lässt derzeit keine Veranstaltungen oder Besprechungen mit mehr als 20 Personen zu.

Türsteher, die darauf achten, dass sich nicht mehr als 20 Kunden gleichzeitig in der Sparkasse aufhalten, habe ich jedoch noch nicht ausgemacht…

Mir tut es sehr leid für die Autorin und alle, die sich auf sie gefreut haben. Das läuft ein bisschen auf Selbstmitleid hinaus, aber nun ja… Ich bin nicht alleine, die SuedLese leidet auch.

Hoffentlich werden nicht noch mehr Orte der Worte der Angst vor dem Corona-Virus zum Opfer fallen.

Motive meiner Bilder-Sprache: Besinnlichkeit, Reflexion und Humor.